Wilfried Belschner

 

Horizont

  

Es war ein wunderschöner Tag. Die Sonne schien schon seit dem frühen Morgen vom blanken blauen Himmel. Heute war der Horizont besonders nah, greifbar nah. Da warf er sich blitzschnell auf den Boden, seine rechte Hand schnellte geschmeidig nach vorne, schnappte sich mit einem festen, beherzten und entschlossenen Griff den Horizont. Dann stand er behende wieder auf und stopfte sich den Horizont in die rechte Hosentasche. Er wunderte sich ein wenig, wie viel Horizont in seine eher kleine Hosentasche passte. Es hing nichts davon heraus, ja seine Hosentasche war nicht einmal ausgebeult. Er wollte jetzt gemächlich nach Hause gehen. Aber wohin er auch lief, er kam nirgends mehr an. Wie der Fliegende Holländer ist er seitdem ruhelos unterwegs. Wer wird ihn erlösen?

 

 

 

 

 

 

1941 in Gerolzhofen geboren, arbeitet seit 1974 als Prof. für Psychologie an der Univ. Oldenburg. Er erkundet mit Begeisterung außergewöhnliche Bewusstseinserfahrungen und schreibt Texte gegen den Strich.

 

Seit 2025 ist er Mitglied der Autorengruppe Wortstatt.

 

Publikation: 

 

Das kanarische Wunder. Unglaublich wahre Geschichten. Edewecht: DRC. (2020)